unkultur war für einen Abend zu Gast in der Diskurshölle:
„Otto Karl Werckmeister redet ohne Vorlage und auch ohne Verstand. Er schwadroniert bei den Skinheads in Dresden los, die eine „nationalistische Kultur“ mit Thor Steinar und Musik hätten (Kultur wird hier mit Jugendsubkultur von „Skinheads“ gleichgesetzt), demzufolge müsse man fragen, ob „wir“ eine Gegenkultur dagegen aufzubieten hätten. Internationalistisch seien wir, aber Lafontaine hätte mit der Abschottung Deutschlands gegen das Kapital nicht unrecht.
Es war schon grotesk. „Was bleibt ihnen auch anderes, außer ihre Waren national zu vermarkten“ nahm Werckmeister alle national denkenden Kapitalisten in Schutz. Die Dresden-Nazis seien das Problem (als ob das nicht auch inzwischen von Tagesschau, FAZ und SPD verkündet wird, stören die Nazis doch das offizielle Gedenkprojekt).
Über die 3. Internationale, die ein Arm der SU gewesen sei geht es weiter zur Weltbevölkerung, die nicht multinational sei. Das zerfallene Wissen aus dem unaufmerksamen Lesen von Feuilletondebatten, die 10 Jahre zurückliegen, wurde ausgebreitet.
Als weltfremder Herr outet sich Werckmeister, als er die Band Kraftwerk als „Heavy Metal Gruppe“ bezeichnete und sich belustige über Marx-Lesezirkel der 70er Jahre äußerte, wo die Leute Bücher gelesen hätten, teils mit ikonenhafter Verehrung. Sowas wie Bücher bräuchte man heute gar nicht mehr. Klar, Werckmeister schon gar nicht, der auch ohne jegliche Ahnung einfach daherschwatzt, wie ihm das Vorurteil gewachsen ist.
Widerwärtig war die Selbstgewissheit und die autoritäre Geste, mit der hier eine vermeintlich antiautoritäre Botschaft verkündete wurde: erst sollen alle auf Befehl die Hand heben – zack-zack – und dann auf Kommando „frei denken“. Onkel Otto erklärt die Welt und wie die Dinge so laufen. Wie man mit solcher Ahnungslosigkeit gepaart mit Dummdreistigkeit eine Uniprofessur bekommt – eine gute Frage. Ebenso, was sich die veranstaltende Gruppe dabei gedacht hat, so eine Knalltüte auf ein Podium zu setzen […]. Gekrönt wurden seine Ressentiment-getriebenen Ausführungen durch die dümmlichsten Ausfälle gegenüber der kritischen Theorie. Hat man alles schon zig-mal gehört und auch bei der x-ten Wiederholung wird kein Argument daraus: Adorno hätte Jazz als „Sklavenmusik“ bezeichnet.
Außerdem hätte er sich im sonnigen Kalifornien die Zeit vertrieben mit dem Schreiben von Büchern. Die Infamie dieses Arguments besteht darin, geflüchteten Jüdinnen und Juden vorzuwerfen, dass sie den Holocaust überlebt hätten und sich einen faulen Lenz gemacht hätten.“
Zum Staunen luden auch Werckmeisters Ausführungen über eine „alternative Staatsform“, eine „demokratische Kultur“, die von ihm bedauerte „Zerstörung harmonischer Familienverhältnisse“ und das andauernde Einfordern von „Werten“ ein, ebenso seine Bemerkung, „nicht deutsch sein zu wollen“ – wie es angeblich die Kritiker der HeavyMetal-Combo Kraftwerk verlangten – sei „totalität“, denn dann sei man „nichts“. Bleibt die Frage, „was sich die veranstaltende Gruppe dabei gedacht hat, so eine Knalltüte auf ein Podium zu setzen“ – und ihr nicht einmal ins Wort zu fallen bei ihrem gruseligen Gemisch aus DKP-Nostalgie, Pfaffen-Predigt und antiautoritärem Nationalismus.